Rückwärts ausparken in einem Zug
Das Hafenbecken von Trelleborg ist ganz schön eng – für den schwedischen Kapitän der „Huckleberry Finn“ kein Problem, den Kahn quasi auf der Stelle zu wenden.

Überhaupt, der Verkehr in Schweden: herrlich! Möglicherweise haben wir es früher schon mal angesprochen, es soll aber zum Abschluss unserer Zeit in Schweden nochmal Erwähnung finden.
Der skandinavische Verkehrsteilnehmer, der schwedische besonders, ist ausgesprochen vorsichtig, enorm verantwortungsvoll und besonders höflich. Warum auch nicht möchte man fragen. Ja, warum eigentlich? Als deutscher ist man von dem Verhalten erstmal komplett überfordert. Je südlicher man kommt in Europa, umso mehr ist’s auf der Straße ein Hauen und Stechen.
Der Schwede hält sich an die Regeln. Innerorts 40 km/h, über Land 80 oder 90, Autobahn höchstens 120. Und der Schwede hält sich genau dran. Nicht drüber. Eher bissl drunter. Klar, heißt ja auch „Höchstgeschwindigkeit“ also die höchste zugelassene Geschwindigkeit. Wenn man so drüber nachdenkt fragt man sich schon, wie man drauf kommt, dass a bissl mehr schon okay wäre.
Überhaupt die Höflichkeit. Das schwedische Wesen spiegelt sich im Verkehr sehr gut wieder. Abgesehen davon, dass man sich an das Speed Limit hält drängelt keiner, man lässt sich höflich die Vorfahrt, pocht nicht auf sein Recht und lässt sich Zeit. Sehr entspannt. Könnte man sich dran gewöhnen.
An den Begriff „Selbstverantwortung“ muss ich in dem Zusammenhang immer wieder denken. Nicht in dem Sinn, wie ihn selbst ernannte Kämpfer für unsere vielleicht gefährdete Freiheit und gegen Corona-Maßnahmen verwendet haben – da waren die Skandinavier ja auch eher liberaler aber auch konsequenter als wir Deutsche. Nein, ich meine eher im sozialen, solidarischen und vernünftigen Sinn.
Warum schreibe ich so ausführlich über den Verkehr in Schweden? Zwei Gründe:
Erstens sind wir grad auf der Fähre nach Rostock. Noch sechs Stunden Zeit und nix zu tun.

Zweitens gibt es über Trelleborg gestern praktisch nix zu berichten. Die Stadt ist eine komplette Enttäuschung. Außer dem Fährhafen gibt’s praktisch nix zu sehen. Unsere Hoffnung gestern war noch die Trelleborg, der die Stadt ihren Namen zu verdanken hat. Eine von einigen Burgen eines gewissen Wikinger-Chefs, des Königs Blauzahn (nach dem wiederum die drahtlose ÜbertragungsTechnik Bluetooth benannt ist), die er im Ostsee-Raum errichten ließ.
Die Grundmauern der Burg hier haben sie wohl erst in den 90ern entdeckt und teilweise originalgetreu am ursprünglichen Standort wieder aufgebaut. Aber das war derart unspektakulär – wir haben eben festgestellt, dass wir nicht mal ein Foto gemacht haben.
Jetzt also Fähre zurück nach Deutschland und vorbereiten auf den Kultur-Schock: Krieg auf der Straße, draußen nur Kännchen, Digitalisierung in den Kinderschuhen und Bezahlung nur bar – eigentlich muss man manchmal ja froh sein, dass man nicht Felle tauschen will.
Vielleicht sieht man seine eigene Heimat immer zu kritisch. Man sieht halt viel strenger, was alles nicht gut läuft daheim. Kann schon sein. Ist das wirklich nur subjektiv?
Was meint ihr? Diskussion und Meinungen gerne via Kommentar-Funktion. Bin gespannt!